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Alternativen

Mediation

Für bereits hocheskalierte Konflikte oder auch als Unterstützung bereits davor ist es ratsam, einen geeigneten Experten als Prozessbegleiter hinzuzuziehen. Es ist dies keine Schande und auch kein Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr ein Zeichen von ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein: So wie es leichtsinnig wäre, einen sich zuspitzenden Krankheitsverlauf verdrängen zu wollen ohne die Konsultation einer Fachkraft, so ist es unverantwortlich, in hocheskalierten Konflikten oder allgemein in zwischenmenschlichen Situationen, in welchen einem sprichwörtlich die Luft wegbleibt, keine angemessene Hilfestellung in Anspruch zu nehmen.

Nachbarschaftshilfe
Der gemeinsame Freundeskreis und auch die Familie sind oftmals Zeugen von Konflikten. Es erscheint daher naheliegend, dass hier auch Hilfestellung gefunden werden kann in der Konflikttransformation. Vorteile, die hier erkannt werden, sind das bestehende Vertrauensverhältnis und die Gewissheit, mit den eigenen Bedürfnissen gesehen zu werden und damit ausreichend Platz zu erhalten, das eigene Fühlen, Denken und Wollen zum Ausdruck zu bringen und zu einer Lösung zu finden, in welchen die eigenen Interessen Niederschlag finden.

Die Anforderung an eine solche Person, die zur Nachbarschaftshilfe herangezogen wird, sind aber nicht zu unterschätzen, und die Verantwortung ist unbedingt ernst zu nehmen. Es bedarf der Bereitschaft, sich geduldig beide Sichtweisen anzuhören, und einer gewissen konstruktiven Neugier, um durch gezielte Fragen an die jeweiligen Beweggründe heranzukommen. Anders als bei einem Kaffeehausklatsch ist nämlich niemandem gedient, wenn vorschnell Ratschläge erteilt werden, die sich nur allzu oft als Bumerang erweisen und schon rasch zu einer weiteren Eskalation statt einer intendierten Transformation des Konfliktes führen.

Die Qualifikationen eines Moderators sollten für einen erfolgreichen Einsatz als Nachbarschaftshilfe also unbedingt gegeben sein. Es bedarf keiner Ratschläge, sondern der konsequenten Heranführung der Konfliktparteien an die Bedürfnisebene mit anschließender eigenverantwortlicher Ideensammlung und Lösungsvereinbarung. Auch ist von Bedeutung für den Erfolg dieser Hilfestellung, dass die hinzugezogene Person zu beiden Konfliktparteien in einem ausgewogenen Verhältnis steht und erst aktiv wird, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird: Eigene Rollenbindungen sind hier unbedingt zu beachten, und eine Zurückhaltung im Anbieten der Dienste ist zu üben, da ansonsten rasch ein Hineinkippen in den Konflikt droht.
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass Nachbarschaftshilfe sehr hilfreich sein kann, allerdings nur bei vollständiger Erfüllung der Voraussetzungen:
• Einverständnis beider Konfliktparteien,
• Qualifikation des hinzugezogenen „Nachbarn“ in den wesentlichen Moderationstechniken,
• Einnahme und Wahrung einer allparteilichen Stellung des hinzugezogenen „Nachbarn“, also insbesondere keine rollenmäßige Verstrickung.
Ist nur eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben, so ist eine Hinzunahme des „Nachbarn“ eher eskalationsfördernd denn hilfreich.

Beratungsstellen
In den verschiedensten Beratungsstellen geht es darum, zu konkreten Fragen professionelle Ratschläge für die eigenverantwortliche Umsetzung zu erteilen. Es erfolgt dabei nach Erhebung des Sachverhaltes anhand der Erzählungen des Ratsuchenden und allenfalls auch weiterer betroffener Personen bereits eine Unterstützung bei der Herausarbeitung und Definition der zentralen Fragestellungen zu den aufgetretenen Problemen. In weiterer Folge werden, zumeist juristische und psychologische, Ratschläge fachkompetent erteilt. Die inhaltliche Verantwortung für die allfällige Umsetzung oder sonstiger weiterer Schritte verbleibt allerdings bei den Akteuren.

Gerade in Konfliktsituationen erscheint die alleinige Beratung hinsichtlich juristischer Ratschläge allerdings nicht unproblematisch, zumal die angesprochene Ebene der Normen des Gesellschaftssystems dazu verleitet, Wahrnehmungen und Emotionen auf die Ebene von moralischen Urteilen zu kanalisieren. Sofern der Ratschlag sich dabei deckt mit dem im Konflikt bezogenen Standpunkt, wird daher eine Tendenz zur Verurteilung und Bekämpfung des anderen Akteurs Unterstützung erfahren. Für den Fall einer den eigenen Interessen zuwiderlaufenden Auskunft wird im Fall, dass die Wahrnehmungskompetenz so weit erhalten ist, dies auch zu erkennen und zu akzeptieren, die Gefahr bestehen, im Konflikt aus diesen Überlegungen heraus Scheinzugeständnisse zu machen und damit die Basis für eine weitere Eskalation in unterkühltem Konfliktstil zu legen, zumal die eigenen Bedürfnisse neben der nun zusätzlich realisierten Bedrohung durch das Normensystem ja unverändert bestehen und keine Berücksichtigung erfahren. Es erscheint daher angezeigt, insbesondere in hocheskalierten Konfliktsituationen juristische Ratschläge in Kombination mit psychologischer Fachberatung einzuholen.

Psychologische Ratschläge hingegen werden durchaus geeignet sein, die konstruktiven Kompetenzen zur Deeskalierung anzusprechen und zu persönlichem Wachstum an einer Auseinandersetzung mit Möglichkeiten der konsensualen Bereinigung des Konflikts zu ermuntern.
Die Inanspruchnahme von Beratung ist ein hervorragendes Instrument zur Bestimmung der eigenen Position und zur Verdeutlichung der in Gang gebrachten Dynamik des Konfliktes. Es wird eine Außensicht geboten mit Erfahrungswerten des möglichen weiteren Verlaufes sowie Empfehlungen für eine eigenverantwortliche Aufnahme von Maßnahmen zur Abwehr drohenden Schadenspotenzials. Für eine nachhaltige Absicherung einer Transformation des Konfliktes in ein wachstumsfreundliches Beziehungsklima kann Familienberatung allein allerdings nur einen Impuls setzen, die Überprüfung auf die Konsensfähigkeit im individuellen Fall sowie die Umsetzung hat eigenverantwortlich oder unter Hinzuziehung von Fachleuten aus einem anderen Servicegebiet zu erfolgen.

Therapie
Reicht eine bloße Beratung nicht aus, um eine von den Akteuren nicht mehr als eigenverantwortlich lenkbar empfundene Situation wieder in den Griff zu bekommen, so kann im Zuge einer Therapie Unterstützung hinzugenommen werden, in welcher durch therapeutische Interventionen das Ziel der Auflösung oder Linderung diagnostizierter Krankheitssymptome unterstützt wird. Es geht hier um den Wiederaufbau der Kompetenz, die inhaltliche Verantwortung für das weitere Vorgehen zu tragen.

In der modernen Therapie geht es dabei nicht in erster Linie um die Heilung der aufgetretenen Symptome, welche sich durch den Konflikt manifestiert haben, sondern primär um die Reaktivierung der Transformationsfähigkeit des vom Konflikt betroffenen Systems und der einzelnen Mitglieder hinsichtlich der sinnvollen und konstruktiven Nutzung der aufgestauten Energien. Es werden durch verschiedenste Interventionen bis in sehr tiefe Ebenen der Persönlichkeit hinein Träume und Wünsche geweckt und im Anschluss daran über die Bestärkung der vorhandenen Kompetenzen Bewältigungsmuster aufgebaut und das Selbstbewusstsein sowohl als Familie als auch als einzelnes Mitglied derselben gestärkt.

Modelliert wird dieser Prozess zumeist in mehrere Phasen, wobei am Beginn stets der Aufbau eines vertrauensvollen Klimas und die Informationsbeschaffung stehen. Anschließend werden die dysfunktionalen Prozesse, welche in der ersten Phase bereits deutlich geworden sind, mit verschiedensten Interventionen behandelt. Der Therapeut unterstützt dabei, Angst, Wut, und Schmerz anzunehmen und die zum Selbstschutz errichteten Grenzen, die durch Kommunikationsstörungen, Indirektheit, Nominalisierung, restriktive Regeln und Ähnliches zum Ausdruck kommen, abzubauen. Diese Öffnungsphase ist eine besondere Herausforderung an den Therapeuten, der hier eine besondere Verantwortung für seine Klienten trägt und dessen uneingeschränktes Vertrauen benötigt. Er begleitet die einzelnen Mitglieder dabei in noch unerschlossene oder auch verschüttete Bereiche der Persönlichkeit und zeigt dabei die damit verbundenen Ressourcen auf, welche konstruktiv zu Wachstum als Individuum und als Bestandteil des vom Konflikt betroffenen Systems genutzt werden können. Dabei wird das Augenmerk, welches noch in der ersten Phase primär auf der Vergangenheit gelegen ist, in die Gegenwart geholt. Die Interventionen, bei welchen alle Sinne angesprochen werden zur optimalen neurobiologischen Verknüpfung der neuen erweiternden Erfahrungen, stellen darauf ab, die Selbstwahrnehmung in der Gegenwart zu festigen und dabei das Gefühl von Kontrolle über das eigene Schicksal zu festigen. Das damit gestiegene Selbstwertgefühl macht es dem Einzelnen nunmehr möglich, auch die anderen Mitglieder im vom Konflikt betroffenen System abgelöst von in der Vergangenheit aufgestauten Emotionen und gefestigten Erwartungen in der Gegenwart wahrzunehmen.

In der dritten Phase geht es schließlich darum, die aus der erfolgten Öffnung gegenüber persönlichem Wachstum und dem damit einhergehenden Beschreiten neuer Wege gewonnenen Hoffnungen in neue Verhaltensmuster zu integrieren und damit zu festigen. Das vom Konflikt betroffene System wird quasi neu zusammengesetzt zu einem neu erweckten gemeinsamen Bild, in welchem alle sich wohlfühlen und jenen Platz vorfinden, den sie für weiteres persönliches Wachstum benötigen.

Therapie ist eine hervorragende Form der Hinzunahme außenstehender Fachleute in die Konflikttransformation. Sie ist immer dann dringend zu empfehlen, wenn einzelne, vielleicht auch am eigentlich nach außen wahrnehmbaren Konflikt selbst scheinbar unbeteiligte Menschen im Konfliktverlauf bereits schwerwiegende Persönlichkeitsveränderungen zeigen und im vom Konflikt betroffenen System daraus ein Leidensdruck entsteht, zu welchem kein Ausweg zu existieren scheint. In einzelnen Fällen wird auch eine zu anderen externen Hilfestellungen begleitende Inanspruchnahme, etwa als Unterstützung einer laufenden Mediation, angezeigt sein.

Systemische Aufstellung
Pete A. Sanders schreibt in seinem Handbuch übersinnlicher Wahrnehmung: „Viele Deiner Gefühle sind eigentlich gar nicht Deine. Es sind die Gefühle anderer Menschen, die Du aufnimmst.“ Verantwortlich dafür sind die sogenannten Spiegelneuronen, welche wir aus der neurobiologischen Betrachtung der Bedeutung des menschlichen Hirns für das Konfliktverhalten bereits kennen. Wir sind somit, auch wenn es vielen nicht bewusst ist, oftmals nicht nur mit unseren eigenen Gefühlen konfrontiert, sondern auch mit solchen jener Personen, mit welchen wir in Verbindung stehen. Es ist dabei unbeachtlich, ob wir selbst diejenigen sind, welche gleichsam dem Wählen der Telefonnummer vor einem Telefonat die Verbindung aufnehmen oder, um bei diesem Vergleich zu bleiben, die angerufenen sind.

Somit passiert es auch im Alltag immer wieder, dass man in eine Stellvertreterrolle rutscht, man sich also mit Emotionen beschäftigt und den daraus erwachsenden Verhaltensdruck verarbeitet, die gar nicht zu einem selbst gehören. Wichtig ist es zu erlernen, die Eigenwahrnehmung so weit zu schärfen, dass man dies erkennt und sich dann bewusst entscheidet: Stehe ich weiter zur Verfügung für diese Rolle, oder will ich damit jetzt nichts anfangen? Jedenfalls muss man erkennen, dass es dann gerade nicht eigene Gefühle sind, die man empfindet und lebt, dass es nicht das eigene Nähe-Distanz-Spiel ist, welchem man sich ausgesetzt sieht. Konflikte, die man in einer solchen Stellvertreterrolle steckend ausficht, sind nicht die eigenen, können aber rasch auch Auswirkungen auf das eigene soziale Umfeld bekommen, weshalb man hier sehr vorsichtig und klar im Auftreten sein muss.

Vielerorts wird in Kenntnis dieser Fähigkeiten des menschlichen Hirns angeboten, zur Abklärung von dynamischen Prozessen in zwischenmenschlichen Begegnungen systemische Aufstellungen durchzuführen. Die Abläufe sind hier höchst unterschiedlich und reichen von einer bloßen Abbildung der wahrgenommenen Energieflüsse innerhalb eines vom Konflikt betroffenen Systems unter Einschluss auch gar nicht mehr lebender Mitglieder oder solcher, zu welchen kein Kontakt mehr zu bestehen scheint, deren energetische Einwirkungen im System aber dennoch unverändert erhalten sind, auf Aufstellungsbrettern mit verschiedenen Figuren oder Gebilden über die serielle Abarbeitung der energetisch wirkenden Personen im System mit der aufstellenden Person allein bis hin zu Aufstellungen mit Menschen als Energieträgern. In letzterem Fall können entweder geeignete Personen, welche sich zur Verfügung stellen und von der aufstellenden Person, welche anschließend aus einer Außenperspektive betrachtet, welche Kräfte zwischen den aufgestellten Rollen wirken und wie sich das äußert, die einzunehmenden Rollen genannt bekommen, gewählt werden, oder es stellen sich dabei auch die Akteure selbst körperlich mit zur Verfügung.

Für die Deutung der Abläufe und die Kontrolle des Geschehens bedarf es einer erfahrenen Begleitperson, zumal die emotionalen Ausbrüche durchaus gravierend sein können. Es ist auch hilfreich, wenn der Aufstellungsleiter psychotherapeutische Qualifikationen besitzt, da diese in der Unterstützung der aufstellenden Person bei der Deutung und Verarbeitung der aufgezeigten Dynamiken wertvolle Dienste erweisen können.

Gericht
Die Befassung des Gerichtes und damit die Delegation der Eigenverantwortlichkeit zur Konflikttransformation an eine mit Macht ausgestattete dritte Person sollte die Ultima Ratio sein, also erst in Betracht gezogen werden, wenn keine der beispielhaft aufgezeigten anderen Wege mehr gangbar erscheinen. Zwar wird zum vor Gericht behandelten Thema ein Urteil gesprochen, welches mit Sanktionsmöglichkeiten im Fall der Nichteinhaltung versehen ist und damit auf der Sachebene einen für die Konfliktparteien nicht mehr verhandelbaren Schlusspunkt hinter den Konfliktverlauf setzt, doch auf der emotionalen Ebene bleibt selbst im Fall des Obsiegens mit dem eigenen Standpunkt ein Manko bestehen. Ein rasches Aufflammen von Konflikten zu anderen Themen ist daher oftmals zu beobachten, was nicht weiter verwundert: Wer vor Gericht zieht, befindet sich dabei selten in einer Friedensmission, sondern eher auf dem Kriegspfad – und auf Kriegspfaden kommt es zwar immer wieder zu Waffenstillstandsvereinbarungen, in den seltensten Fällen aber zu haltbaren Friedensverträgen.

 
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